Was bringt 2022 für Anleger?
- Depot-Detektiv
- Jan 16, 2022
- 5 min read
Updated: Mar 30, 2022
Neues Jahr, neues Glück - doch an den Börsen scheint vieles beim Alten zu sein. Auch wenn 2021 ein insgesamt gesehen gutes Börsenjahr war, wollen Zuversicht und Aufbruchsstimmung nicht so recht aufkommen. Stattdessen trübt weiterhin Unsicherheit die Gemüter. Eine hohe Inflation, ein Auslaufen der Anleihenkäufe und angekündigte Zinserhöhungen durch die Fed sowie die nicht enden wollende Corona-Pandemie schüren Ängste unter den Anlegern und belasten die Aktienmärkte, insbesondere Tech-Titel. Sind die guten Jahre nun also vorbei und Aktien in Zukunft nicht mehr lukrativ? Wir werfen einen Blick voraus und schauen, was Anleger 2022 erwarten könnte.

Corona-Pandemie - (k)ein Ende in Sicht?
Die letzten beiden Jahre waren maßgeblich durch Corona bestimmt. Dies schlug sich insbesondere in der Anfangsphase auch auf den Aktienmärkten nieder, die um rund 30 % einbrachen. Einige Branchen konnten zwar auch von Lockdown, Homeoffice und Reisebeschränkungen profitieren, viele andere litten jedoch besonders stark unter den Einschränkungen, die diese Pandemie mit sich brachte. Überraschenderweise konnte der Crash jedoch schnell überwunden werden und die Märkte schienen der Pandemie zu trotzen. Doch wenngleich es zwischenzeitlich eine Trendumkehr gab und die Aktien vieler gebeutelter Unternehmen neue Allzeithochs verbuchten, während die Kurse von Corona-Gewinnern wie Zoom oder Fiverr seit einiger Zeit rückläufig sind, herrscht nun angesichts Inzidenzzahlen, die in vielen Ländern so hoch sind wie noch nie, einem Impfstoff, der nicht wie erhofft zum Ende der Pandemie geführt hat, und neu auftauchender Varianten wie zuletzt Omikron erneute eine große Verunsicherung. Letzteres könnte aber auch eine Chance sein und endlich Licht ans Ende des Tunnels bringen. Viele Experten gehen davon aus, dass Omikron weniger gefährlich ist als vorherige Varianten und eine endemische Phase einläuten könnte. Sollte sich dies bewahrheiten, wird sich auch wieder mehr und mehr Optimismus an den Börsen einstellen. Besonders die Branchen, die immer noch stark von den Beschränkungen betroffen sind, wie die Reisebranche und Gastronomie könnten sich so langsam erholen und auch Tech-Aktien, die in unsicheren Zeiten meist besonders stark abverkauft werden, könnten profitieren. Vor allem aber würden sich die Lieferkettenprobleme endlich lösen. Dies hätte positive Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Lage und könnte durch sinkende Preise vielleicht auch zinspolitische Maßnahmen positiv beeinflussen, die wiederum entscheidend für den weiteren Jahresverlauf an den Börsen sein werden.
Inflation, Zinsängste und ein Rücklauf der Anleihenkäufe
2021 schien es, als hätten die Aktienmärkte das Schlimmste hinter sich gelassen und würden nun nicht mehr in erster Linie von der Pandemie beeinflusst. Doch Corona hat weitreichendere Folgen hinterlassen, die nun auch die Aktienmärkte wieder einholen. Ein Wort, das in den letzten Wochen und Monaten mehr und mehr durch Medien, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft geistert und eine wichtige Rolle im Jahr 2022 spielen wird, ist die Inflation. Grundlegend ist eine Inflation nicht schlecht für die Aktienmärkte, da Aktien bei Inflationsraten von 1-5 % in der Regel stabile Kursanstiege verzeichnen und damit einen "natürlichen Inflationsschutz" beinhalten. Allerdings steht die Inflation mittlerweile so hoch wie seit vielen Jahren nicht mehr, in den USA bei ca. 7 %, und es scheint, als würde sie zunehmend außer Kontrolle geraten. Das führt zu Verunsicherung und verringerter Kaufkraft, die sich wiederum schädlich auf die Gesamtwirtschaft wie auch auf die Aktienmärkte auswirken. Die Zentralbanken zeigen diesbezüglich unterschiedliche Herangehensweisen. Während die EZB bisher keine Maßnahmen angekündigt hat und hofft, dass ein Ende der Corona-Pandemie auch zu einem Ende der Lieferkettenprobleme führt und damit die Preise wieder von allein sinken, plant die Fed eine Reduzierung der Anleihenkäufe sowie eine Erhöhung der Leitzinsen. In den letzten Jahren wurde durch Anleihenkäufe der Fed Geld in dreistelliger Milliardenhöhe in den Markt gepumpt, um die Konjunktur anzukurbeln. Aufgrund von Lieferengpässen traf eine durch die Anleihenkäufe entfachte erhöhte Nachfrage auf ein eingeschränktes Angebot, was ein hochinflationäres Umfeld schaffte. Dem soll nun mit der stückweisen Reduzierung der Anleihenkäufe, die dann zum Frühjahr 2022 gänzlich auslaufen sollen, entgegengewirkt werden. Zudem ist von bis zu vier Zinserhöhungen die Rede, durch die andere Anlageklassen wieder interessant werden würden und das Interesse an Aktien sinken würde. Bisher ist noch unklar, wie viele Zinserhöhungen es 2022 wirklich geben wird und in welcher Höhe diese ausfallen. Auch wenn man sich mit dieser Maßnahme positive Auswirkungen auf die Inflation erhofft, so ist es ein schmaler Grat. Denn die Wirtschaft profitiert von niedrigen Zinsen, da günstigere Kredite verfügbar sind und mehr Investitionen getätigt werden können. Dies wiederum wirkt sich positiv auf den Arbeitsmarkt und die Einkommen aus. Verbraucher tendieren zudem mehr dazu, Geld auszugeben, da Sparen durch ein niedriges Zinsniveau unattraktiv wird. Höhere Zinsen könnten hingegen zu einer stagnierenden Wirtschaft führen, da Unternehmen weniger investieren und Verbraucher wieder mehr sparen und weniger Geld ausgeben, was am Ende auch nicht gewollt ist. Es bleibt also abzuwarten, ob es am Ende wirklich zu vier Zinserhöhungen kommen wird.
In jedem Fall werden makroökonomische Entwicklungen 2022 erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Aktienmärkte haben. Die Märkte haben zwar auf die Ankündigungen der Reduzierung der Anleihenkäufe und Zinserhöhungen bereits mit starken Abverkäufen reagiert, sodass ein gewisser Teil bereits in den aktuellen Kursen eingepreist ist. Sollten die Zinserhöhungen jedoch höher als gedacht ausfallen oder es wirklich insgesamt vier Erhöhungen sein, werden Anleger sicher weiter Geld aus dem Markt ziehen. Weitere Kursstürze können also nicht ausgeschlossen werden. Dennoch blicken wir optimistisch in das Jahr 2022. Aus unserer Sicht wird sich die Pandemie langsam einem Ende nähern oder zumindest insoweit abflachen, dass wir lernen, mit dem Virus zu leben. Dadurch ist es wahrscheinlicher, dass es am Ende doch nicht zu vier Zinserhöhungen kommt oder die Zinsen im Nachhinein sogar nach einiger Zeit wieder langsam gesenkt werden, da Preiserhöhungen aufgrund von Lieferengpässen wieder zurückgehen und die Wirtschaft nicht zusätzlich durch hohe Zinsen belastet werden soll. Damit bleiben Aktien eine der lukrativsten Anlageklassen. Das sehen auch viele Analysten so, die weiterhin großes Wachstumspotential sehen und für viele Bereiche zweistellige Wachstumsraten prognostizieren. Dennoch kann es in nächster Zeit aufgrund der Unsicherheit am Markt zu einer erhöhten Volatilität kommen und besonders Growth-Titel könnten weiterhin schwächeln, da diese durch ihren hohen Multiplikator und ihr hohes Wachstum anfälliger sind. Daher ist es durchaus sinnvoll, nicht ausschließlich auf Growth-Titel zu setzen, sondern sich auch den ein oder anderen Value-Titel mit ins Depot zu legen. Einige Analysten gehen sogar von einer Trendwende vom Growth-Markt hin zu einem Value-Markt aus. Die Anzeichen dafür stehen sicherlich so gut wie lange nicht. Dennoch ist auch hier das makroökonomische Umfeld, inbesondere die Höhe der Zinsen, entscheidend. Grundsätzlich sollten sich Anleger aber nicht zu sehr verunsichern lassen, sondern die Ruhe bewahren. Denn der Gesamtmarkt hat sich in der Vergangenheit selbst nach großen Crashs wieder erholt und zu neuen Höhenflügen angesetzt. Profiteure waren dann zum einen diejenigen, die eine langfristige Strategie verfolgten und ihre Aktien behalten haben, sowie auch diejenigen, die die günstigen Kurse zum Einstieg genutzt haben - ganz nach Warren Buffet "Sei ängstlich, wenn andere gierig sind, und gierig, wenn andere ängstlich sind.".
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